So, dann wollen wir mal etwas Klärung der Angelegenheit betreiben. True Type und Type 1 sind mitnichten das selbe.
True Type (TT) und PostScript Type 1 (PS1) sind beides Multiplattform-Schriftstandards deren Spezifikationen frei verfügbar sind.
Beide Schriftarten sind Umrißtypen, was bedeutet, daß sie Buchstabenformen ("Glyphen") mit Hilfe von Punkten definieren, die wiederum Linien definieren.
Kurze Geschichte der PS1 und TT
PostScript ist ca. sechs Jahre älter als TrueType. Die Situation vor der Einführung von PS1 war die, daß es viele verschiedene Formate für digitale Schriftarten gab, die allesamt nicht standardisiert waren. 1985 übernahm Apple Adobes "PostScript Page Description Language" (PS-PDL) für den Apple LaserWriter. Dieses Ereignis, in Kombination mit der Einführung der Desktop Publishing (DTP) Software war der Grundstein für eine Revolution in der Layout-Technologie.
Bald darauf wurde PostScript als Standard im high-end Bildsatz eingeführt, es wurde auch zum nativen Workspace in vielen Grafikprogrammen.
Die Dominanz von PostScript schien gesichert. Adobe hatte die vollständige Kontrolle über die PostScript-Technologie, und obwohl die Kommandostruktur frei verfügbar war, und es auch für Dritte möglich war, einen PostScript-Interpreter zu programmieren, wurden nicht die kompletten Spezifikationen der PostScript Type 1-Schriftarten herausgegeben, wodurch es unabhängigen Programmierern nicht möglich war, Produkte zu erstellen, die mit Adobe konkurrieren konnten. Dies lag u.A. am sogenannten "hinting", einer Technik, die für die gute Lesbarkeit einer Type auf Geräten mit niedriger Auflösung sorgte. Adobe veröffentlichte nur die Spezifikation für Type 3-Schriftarten, die zwar ein paar kleinere Vorteile gegenüber Type 1-Schriftarten hatten, aber eben nicht über die Adobe-Spezialitäten wie das "hinting" verfügten.
Schnell wurde den großen Betriebssystem-Herstellern Apple und Microsoft (später auch IBM) klar, daß es wichtig war, eine skalierbare Schriftartentechnologie zu entwickeln, die schon auf Betriebssystembasis unterstützt wurde. Nur waren weder Microsoft noch Apple bereit, eine Schlüsselkomponente wie diese von einer Drittfirma zu beziehen und in ihr Betriebssystem zu integrieren. So entwickelte Apple seine eigenes skalierbares Schriftartenformat, zuerst unter dem Codenamen "Royal", später dann als "TrueType".
Microsoft übernahm die TrueType-Technologie im Austausch gegen einen proprietären PostScript-Clone mit dem Namen TrueImage, der zwar in verschiedenen Modifikationen auftauchte, jedoch nie direkt bei Apple zum Einsatz kam.
Der TrueType-Standard wurde publik gemacht und in die jeweils neuesten MacOS- und Windows-Versionen implementiert.
Technische Spezifikationen
Der erste Unterschied zwischen TrueType und PostScript sind die eingesetzten Mathematischen Methoden die die Kurven beschreiben und somit auch die Konvertierung zwangsläufig ungenau machen:
Obwohl mathematisch gesprochen die quatratischen B-Splines der TrueType-Schriftarten eine Unterart der kubischen Bézier-Kurven von PostScript sind, treten bei der Umwandlung immer kleine Rundungsfehler auf, und zwar unabhängig davon, in welche Richtung die Umwandlung der Schriftarten erfolgt. Die Fehlermarge ist jedoch im allgemeinen bei der Umwandlung von PostScript nach TrueType größer als umgekehrt. Was noch wichtiger ist, ist daß die "hinting"-Informationen bei keiner Konvertierung übernommen werden.
Der größte Vorteil von TrueType gegenüber PS1-Schriftarten ist die Tatsache, daß TrueType besseres hinting erlaubt. PS1-Schriftarten erlauben das hinting von vertikalen und horizontalen Merkmalen, denen eine Schwellengröße in Pixeln zugewiesen werden kann bei der sie aktiv werden.
TrueType hints können das selbe was PS1-hints können plus so ziemlich alles andere was möglich ist, da die Instruktionen die TT für das hinting einsetzt sehr flexibel sind und quasi keine Limitierungen existieren. Der Schriftdesigner kann sogar von Hand bei jeder beliebigen Schriftgröße Punkte verschieben um die Lesbarkeit zu verbessern.
Dies Zeigt den wirklich symptomatischen Unterschied der Philosophien von PS1 und TT. PostScript benutzt "dumme" Schriftarten und einen "intelligenten" Interpreter, während TrueType "intelligente" Schriftarten und einen "dummen" Interpreter verwendet. Das bedeutet, daß die PostScript-Schriftart dem Interpreter sagt, welche Merkmale verändert werden sollen, und der Interpreter tut dies so gut er eben kann. Somit kann Adobe mit einer neuen Version des Interpreters auch das hinting verbessern, was für viele Druckbetriebe ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist.
Im Gegenzug integriert TrueType sehr spezifische Instruktionen in die Schriftart um zu kontrollieren, wie das Endergebnis aussehen wird. Somit hat der Schrift-Designer sehr präzise Einstellungsmöglichkeiten dafür, was mit der Schrift beim Rastern passiert. Allerdings bedeutet das auch, daß der Entwickler der Type einen größeren Aufwand betreiben muß, um aus den Möglichkeiten einen Vorteil zu schlagen.
Ein anderer - kleiner aber nicht zu vernachlässigender - Vorteil der TrueType liegt in der Speicherung der Schriftarten. Mehrere Schriftartenvariationen mit verschiedenen Schriftschnitten können in ein und derselben Datei gespeichert werden, was die Verwaltung großer Schriftartenbestände deutlich vereinfacht. PostScript braucht pro Schriftart immer zwei Dateien, eine die die Umrißdaten und Punkte enthält (.pfb auf windows-systemen), und eine in der die Abmessungen und Ausrichtungen gespeichert sind (.pfm). Allerdings sind die zwei PS1-Dateien oft kleiner als die einzelne TT-Datei, als Faustregel gilt, daß je mehr hints in der TrueType-Datei stecken, desto größer ist aus o.g. Gründen die Platzersparnis der PS1-Dateien gegenüber der TT-Datei.
Der größte Vorteil von PS1 gegenüber TT ist die Tatsache, daß PS1 in den meisten professionellen Druck- und Belichtungsmaschinen nach wie vor der Standard und die interne Sprache, in der das Seitenlayout formuliert wird, ist. Somit können PS1-Schriftarten direkt an die Ausgabegeräte geschickt werden und müssen nicht wie TT-Schriftarten vorher zu Bitmaps gerastert oder in der PS-Umgebung mit einem seperaten TrueType-Rasterizer verarbeitet werden, was den Druck verlangsamen würde.
Wenn noch Fragen bestehen, dann beantworte ich die gerne
mfG
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